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Steven Uhly: Glückskind. btb, München 2014

Wie ein Baby das Leben der Menschen verändert

Heute stelle ich euch einen Roman vor, den ich schon vor einer Weile gelesen habe. Es handelt sich um Steven Uhly’s Glückskind. Ein Roman, der ans Herz geht und sehr authentisch und gefühlvoll die Geschichte eines Mannes erzählt, der alles im Leben verloren zu haben scheint. Durch den Fund eines Babys in der Mülltonne erobert er sich sein Leben Stück für Stück zurück.

Steven Uhly (geboren 1964 in Köln) studierte Literatur. Er übersetzt Lyrik und Prosa aus dem Spanischen, Portugiesischen und Englischen. Inzwischen lebt er mit seiner Familie in München.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Hans. Ein Mann, der sich und sein Leben vor langem aufgegeben hat. Er verwahrlost in seiner eigenen Wohnung, hat keine sozialen Kontakte mehr, geht selbst in dem Mietshaus, in dem er wohnt nur vor die Tür, wenn er sicher sein kann, dass er keinem begegnet. Eines Tages bringt er seinen Müll nach draußen. Dabei findet er ein neugeborenes Baby in der Mülltonne. Kurzerhand nimmt er das kleine Bündel mit auf seine Wohnung und versteckt es vor der Polizei, die kurz darauf nach dem Baby sucht. Das Baby gibt ihm neue Energie und den Willen, sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu bringen. Es ermöglicht ihm sogar den Kontakt zu seinen Nachbarn, die auch die Wandlung an Hans festgestellt haben.

Doch damit ist die Geschichte nicht vorbei, jetzt erst kommen die sozialen und ethischen Fragen zur Sprache. Darf Hans das Kind einfach so behalten? Was ist mit der Mutter, muss er nicht auch sie retten, bevor die Mordanklage erhoben werden kann? Wie kann eine Mutter überhaupt sein Kind in den Müll werfen? Wie verzweifelt muss sie sein oder wie kalt und gefühllos? Was ist das Beste für das Kind? Es fühlt sich bei Hans wohl und gedeiht auch prima, aber hat es nicht auch ein Recht auf einen Vater und eine Mutter? All diese Fragen werden liebevoll und einfühlsam behandelt. Sie sind keinesfalls leicht zu beantworten, oftmals gibt es nicht nur eine richtige Antwort.

Der Schreibstil ist dem Thema angepasst. Man kann hier keine ausschweifenden Tiraden erwarten. Es geht schließlich um einen Mann, der am Boden zerstört ist und sich wieder aufrappelt. Seine anfängliche Unbeholfenheit wirkt sich auch im Stil der Sprache aus. Man könnte diesen vielleicht als spröde oder langweilig ansehen, ich empfinde ihn aber als sehr treffend und zu der Geschichte passend.

Dieses Buch ist zu einem meiner Lieblingsbücher geworden. Es beschreibt so echt und authentisch die Geschichte eines Mannes, der seinen Weg ins Leben zurückfindet, ohne dabei kitschig oder weltfremd zu sein. Immer wieder berührt es den Leser bis tief in die Seele hinein. So hat doch jeder seine Stärken und seine Schwächen. Jeder ist auf der Suche auf Anerkennung und ist enttäuscht, wenn sie ausbleibt. Eine Geschichte über allzu schnell gefasste Vorurteile. Ein Buch, dass man unbedingt gelesen haben sollte.

Steven Uhly
Glückskind
288 Seiten
ISBN 978-3442746125

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