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Jennifer Benkau: Es war einmal Aleppo. INK REBELS, Langenfeld 2016

Ein emotionaler Roman über Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit und die Liebe.

Das Buch, welches ich euch heute vorstellen möchte, habe ich bereits vor einigen Jahren entdeckt, aber erst jetzt kam ich dazu es zu lesen. Jennifer Benkau habe ich durch ihre Dilogie One True Queen kennen und schätzen gelernt. Doch bereits ein paar Jahre zuvor erschien ihr Buch Es war einmal Aleppo, in welchem sie die Flüchtlingswelle von 2015 thematisiert und mit Vorurteilen aufräumt. Da sie selbst zu dieser Zeit ehrenamtlich in verschiedenen Asylbewerberunterkünften tätig war, konnte sie Erfahrungen aus erster Hand sammeln und in ihrem Roman verarbeiten. Einzelschicksale zeigen hier, warum die Menschen ihre Heimat verlassen müssen, was sie im Krieg und auf der Flucht erlebt haben und wie es ihnen nach der Ankunft in eigentlich sicheren Ländern ergeht. Jennifer Benkau gibt gleichzeitig einen Einblick in das Kriegsgeschehen in Syrien und zeigt, wer Opfer und wer Täter ist.

Die Autorin

Jennifer Benkau schreibt Bücher für Erwachsene, Jugendliche und auch für Kinder. Bekannt wurde sie mit ihrer Dark Canopy – Reihe, welche 2013 mit dem DeLiA-Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Sie ist Mitbegründerin des Labels INK REBELS. Die Autorin lebt mit ihrem Mann, vier Kindern und einigen Tieren zwischen Düsseldorf und Köln. 2019 erschien der erste Band ihrer Dilogie One True Queen – Von Sternen gekrönt bei Ravensburger und erhielt den bronzenen Lesepreis in der Kategorie „Jugendbuch – Fantasy“ auf Lovelybooks.

© INK REBELS

Inhalt

„Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Antonia kommt mit ihrer Familie aus dem Urlaub, und plötzlich leben mehrere hundert Flüchtlinge nebenan. Klar – irgendwo müssen sie unterkommen. Aber ausgerechnet hier? Doch dann trifft Toni auf Shirvan. Und mit jeder skeptischen Frage, die sie ihm stellt, wird die Sache verzwickter.“ (Klappentext)

Kritik und Fazit

Der Titel des Buches erinnert zunächst an den Beginn eines Märchens, doch hier wird definitiv kein Märchen erzählt. Wie der Titel zu verstehen ist, wird im Verlauf der Handlung deutlich. Die Covergestaltung stellt auch gleich dar, dass wir kein Märchen vor uns haben. Es ist in düsteren Grüntönen und vereinzelten Rottönen gehalten, man sieht überall Stacheldraht, außerdem die Silhouetten syrischer Gebäude mit Kuppeldächern. Ein großer Schmetterling prangt unter dem Titel. Was es hiermit auf sich hat, findet auch seinen Platz in der Erzählung. Titel und Cover sind sehr gelungen.

Jennifer Benkau schaffte es mal wieder, mich bereits auf der ersten Seite abzuholen. Ihr Schreibstil ist flüssig und ergreifend. Ich sympathisierte sofort mit Antonia (Toni), die aufgrund eines Überfalls in ihrer Vergangenheit skeptisch gegenüber Männern ist, die eine dunklere Hautfarbe haben. Obwohl sie weiß, dass nicht richtig ist, kann sie ihre Angst, welche aus diesem Trauma resultiert, nicht abstellen. Als ihre Freundin Fee sie aber mit in das Flüchtlingscamp nimmt, ist sie zur Konfrontation gezwungen und Stück für Stück baut sie ihre Ängste ab. Dabei hilft ihr Shirvan, ein Flüchtling, der ihre Fragen beantwortet, über die Einzelschicksale erzählt und dennoch Verständnis für gewisse Vorurteile aufbringt. Auch Shirvan habe ich sofort ins Herz geschlossen, er hat viele schlimme Dinge erlebt, über die er kaum sprechen kann und wenn er es wagt, berichtet er aus einer gewissen Distanz. Wenn er aber über sein Leben in Aleppo vor den Kriegswirren erzählt, oder von seiner Familie spricht, so bekommt er eine geradezu bildhafte und poetische Sprache. Das war sehr faszinierend und zeigte seine tiefe Verbundenheit zu seiner Familie, seinen Freunden und seiner Heimat.

Der Syrienkonflikt ist nicht so einfach zu durchschauen. Da gibt es unzählige Parteien, die an den Unruhen beteiligt sind. Durch Shirvans Erklärungen lernt der Leser auch gleich etwas darüber, wann die Unruhen begannen, wie der Krieg im Groben abläuft und dass es für die Bewohner kaum eine Möglichkeit gibt, sich für eine Seite zu entscheiden oder für das eigene Land zu kämpfen. Denn egal was sie tun, sie sind die Verlierer. Es gewinnen nur die Mächtigen und deren Konflikte werden auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen. Nachdem ich das Buch beendet habe, habe ich mich weiter mit der Thematik auseinander gesetzt und einen guten Bericht in der arte Mediathek gefunden. Denn auch wenn die Flüchtlingspolitik im Moment kaum in den Medien vertreten ist, da sie zuerst vom Klimawandel und dann von Corona abgelöst wurde, so ist der Krieg in Syrien immer noch nicht zu Ende und gerade in Zeiten von Corona gibt es einige schwerwiegende Probleme für jene Menschen, die noch dort leben und versuchen zu überleben.

Das Buch enthält wichtige Informationen und auch wenn es von schlimmen Dingen berichtet, geht die Autorin nicht zu sehr ins Detail. So können auch Jugendliche das Buch gut lesen, ohne hinterher Albträume zu haben. Es ist eine schwere Thematik, doch durch die eigentliche Handlung, nämlich den Wandel Antonias und die Annäherungen zwischen ihr und Shirvan bekommt die Geschichte etwas Positives, einen Ausblick in eine lebenswerte Zukunft. Ich wäre gerne noch länger bei Toni und Shirvan geblieben, wollte mich nach den ca. 500 Seiten eigentlich gar nicht von ihnen trennen und brauchte gedanklich noch ein wenig Zeit, mich von ihrer Geschichte zu verabschieden, denn sie ging mir mitten ins Herz hinein.

Es war einmal Aleppo ist ein so bedeutsames Buch gegen Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile, welches sich an Jugendliche ab 12 Jahren richtet. Es ist wichtig weiter über diese Themen zu sprechen, Missverständnisse auszuräumen und Toleranz zu leben. Auch wenn man aktuell kaum mehr etwas zur Flüchtlingsdebatte hört, so sind der Krieg und die Not immer noch präsent. Ich wünschte es würde mehr solcher Bücher geben und ich hoffe, dass noch viele Menschen dieses Buch lesen werden. Ein großer Dank geht an die Autorin Jennifer Benkau, für ihre Aufklärungsarbeit mit diesem Buch, ich hätte es viel früher lesen sollen.

Jennifer Benkau
Es war einmal Aleppo
510 Seiten
ab 12 Jahren
ISBN 978-3-9586-9277-0

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