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Milada Rezková, Lukáš Urbanek & Jakub Kaše: Wer hat Angst vor der Angst? – Das große Buch über die Angst, nicht nur für kleine Angsthasen. Helvetiq, Basel 2021

Nicht gerade passend für die angedachte Zielgruppe.

Als ich vor gut einem Jahr mit meinem Sohn in der Buchhandlung war, kam er mit einem riesengroßen Wälzer zu mir und sagte: „Mama, das will ich haben!“ Da er eher selten eigene Wünsche bezüglich etwaiger Bücher äußert, sondern sich immer von mir überraschen lässt, wollte ich den Moment nutzen. Gekauft haben wir Wer hat Angst vor der Angst? von Milada Rezková, Lukáš Urbanek & Jakub Kaše zwar nicht, aber ich bekam es vom Verlag zur Rezension zur Verfügung gestellt. Zunächst war die Begeisterung groß, aber das änderte sich leider ganz schnell wieder. Und so lag das Buch nun einige Monate bei uns herum. Weder Sohnemann (fast 8), noch Tochter (fast 12) hatten ausreichend Interesse an dem Buch. Ich habe es immer wieder mal hervorgeholt und angeboten vorzulesen. Doch ich stieß auf taube Ohren. Und ich muss sagen, die Illustrationen passen größtenteils auch wirklich nicht zur Zielgruppe von 8-jährigen Kindern aufwärts. Da würde ich das Alter doch weit herunterschrauben. Ich selbst empfand die Texte zwar durchaus sinnvoll und zumeist gut geschrieben, aber es ist einfach zu viel auf einmal. Welches Kind liest denn nun wirklich ein 200-Seiten-Buch zum Thema Angst? Leider lädt es auch nicht so recht dazu ein, sich nur auf einzelne Kapitel zu beschränken. Vielleicht wären mehrere kleinere Bücher als Reihe hier sinnvoller gewesen.

Die Macher

Milada Rezková ist eine tschechische Autorin. Ihre Schwerpunkte liegen bei den Themen Angst und Tod. Außerdem schreibt sie Artikel für die Jugendzeitung Raketa. In ihrer Freizeit jongliert sie gerne und geht im Winter auf der Skipiste.
Jakub Kaše ist ein tschechische Grafikdesigner. Er arbeitet für den Verlag Boomerang Communication und hat einige Kinderbücher illustriert. Viele davon wurden im Wettbewerb „Tschechisches Buch des Jahres“ ausgezeichnet.
Lukáš Urbanek stammt aus Tschechien. Er studierte Film- und Fernsehgrafik und arbeitet inzwischen als Animator für das tschechische Fernsehen sowie als Illustrator für diverse Verlage.

© Helvetiq Sàrl.

Inhalt

Wer hat Angst vor der Angst? ist ein Buch für kleine Angsthasen und mutige Heldinnen. Du kannst es von vorne, in der Mitte, oder von hinten nach vorne lesen, es spielt keine Rolle. Die Angst ist ganz einfach ein Teil des Lebens. Hast du dir jemals vorgenommen, dass du keine Angst vor der Angst haben solltest? Weißt du, was im Gehirn vorgeht, wenn du dich fürchtest? Gibt es Menschen, die niemals Angst haben? Können wir die Angst anderer missbrauchen? Wusstest du, dass Elefanten Angst vor Mäusen und Haie vor Delfinen haben? Erfahre alles über die Angst und ihre vielen Facetten. Es geht um Panik, Phobie, aber auch um Mut. Max erzählt dir von seinen Abenteuern mit der Angst. Du wirst sehen, dass die Angst nicht unbedingt eine schlechte Beraterin ist, solange du weißt, wie man sie erkennt, benennt und versteht.
All das und noch viel mehr findest du in diesem Buch!“
(Klappentext)

Kritik und Fazit

Das Cover zeigt die Angst, dargestellt durch eine große schwarze Kugel. Um diese Kugel herum sind einige kindlich anmutende Zeichnungen zu sehen. In einer roten Sprechblase steht der Titel, etwas darunter in einem blauen der Untertitel. Die Angst spricht den Leser also direkt auf dem Cover an und schaut dabei leicht verschmitzt. Arme und Beine sind einfache Striche, wie es ein Kleinkind malen würde.

Und hier beginnt leider auch die Kritik an dem Buch. Die Zeichnungen sind einfach nichts für 8-jährige Kinder. Sie muten eine zu kindliche Atmosphäre an, welcher sich Kinder im Schulalter schon entwachsen fühlen. Lediglich auf einer Seite (S. 128) ist die Darstellung altersgerecht und einem Comic ähnlich und dann gibt es da noch etwa eine hand-voll Zeichnungen, die wirklich liebevoll und detailreich ausfallen und meine Kinder schon eher überzeugen konnten. Der Rest der Zeichnungen ist sehr einfach und grob gehalten und irgendwie ein wenig lieblos. Das spricht wenn überhaupt wohl eher jüngere Kinder an. Manche Bilder waren außerdem zu wild und nicht greifbar. Auch die Comics haben mich nicht mitgerissen, mir fehlten einfach liebevolle Details. Farblich hat mir das Buch dann aber wiederum gut gefallen. Es wird sich auf die Farben schwarz, weiß, rot, gelb und blau beschränkt und auch die Texte werden bunt, sodass sie sich gut lesen lassen und Schlagwörter beispielsweise recht schnell wiedergefunden werden können.

Im Buch finden wir einiges an Text, dennoch ist es nicht überladen. Einige Seiten sind auch voller Bilder oder Comic ähnlicher Zeichnungen, sodass man im Prinzip recht schnell durch die Seiten kommt. Nachdem sich meine Kinder aber so lange verweigert haben, habe ich das Buch also alleine gelesen. Auf den äußerst vielen Seiten zum Thema Angst, tauchen dann leider auch schwere Wörter wie Emotionen (anstatt Gefühle) oder basal (anstatt grundlegend) auf, die sicherlich nicht alle Kinder schon verstehen oder in Gänze greifen gönnen. Manchmal gab es dann außerdem etwas gruselige, sprachliche Bilder wie: wenn du aus dem Fenster stürzt, kommst du „plattgedrückt wie ein Kartoffelpuffer“ unten an. 

Was ich nett an dem Buch fand, waren die Seiten zum Ausfüllen und Malen, sowie die zwei Anleitungen für eine „Bombe, die keiner Fliege was zuleide tut“ und „Falsches Blut“. Außerdem ist die freundliche Ansprache durch den Protagonisten „Angst“, welche als dicker schwarzer Kreis dargestellt ist, ansprechend. Dennoch bleiben die Texte zu theoretisch und zu umfangreich bzw. es werden einfach zu viele einzelne Themen abgearbeitet.

Die Autoren rollen Themen auf wie: Wozu ist Angst gut? Wo kommt sie her? Wie reagiert mein Körper bei Angst? Was ist der Unterschied zwischen Graus, Panik, Erschrecken, Sorge, Nervosität, Beklemmung und Phobie? Wieso schimpfen die Eltern mit einem? Haben sie vielleicht einfach nur Angst? Wieso redet man so selten über seine Ängste? Wie kann ich sie überwinden? Warum haben wir Alpträume? Außerdem gibt es Tipps, wie man mit den eigenen Sorgen umgehen kann. Auch der Missbrauch von Angst anderer als Machtwerkzeug wird thematisiert, was mir gut gefallen hat. Denn das ist ein wichtiges Thema, denkt man an Krieg oder Verschwörungstheorien, mit denen die Kinder in den letzten Jahren konfrontiert wurden.

Wer hat Angst vor der Angst? ist ein sehr umfangreiches Buch und beinhaltet wohl wirklich alles, was es zum Thema Angst zu wissen gibt. Gleichzeitig ist es dabei aber meiner Meinung nach zu umfangreich geworden. Das Buch lädt nicht dazu ein, sich damit in allen Lebenslagen hinzusetzen, vor allem auch durch sein großes und schweres Format lässt es sich nicht mal eben so mitnehmen. Ich wage auch zu bezweifeln, dass es Kinder gibt, die so viel Sitzfleisch haben, um alles zu lesen oder vorgelesen zu bekommen. Die Aufmachung passt auch leider nicht zur Zielgruppe und wirkt eher nach einem Bilderbuch für Kleinkinder. Die Idee ist toll aber die Umsetzung hätte etwas besser durchdacht werden sollen. Bei meinen Kindern fiel es daher leider durch.

Milada Rezková, Lukáš Urbanek & Jakub Kaše
Wer hat Angst vor der Angst? – Das große Buch über die Angst, nicht nur für kleine Angsthasen
200 Seiten
ab 8 Jahren
ISBN 978-3-907293-09-6

*Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.*

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