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Syrie James: The Lost Memoirs of Jane Austen. A Novel. Avon an Imprint of HarperCollinsPublishers, New York, 2008

Jane Austen und das ausgehende 18. Jahrhundert

ja

Syrie James ist Roman- und Drehbuchautorin. Der vorliegende Roman „The Lost Memoirs of Jane Austen“ ist ihr Erstlingswerk. Sie wurde in New York geboren und verbrachte, bis auf zwei Jahren in Paris, ihr ganzes Leben in Kalifornien. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei mittlerweile erwachsenen Kindern. Schon als Kind wollte Syrie James Autorin werden und so machte sie Jahre später ihren B.A. in Englisch und Kommunikationswissenschaft. Aufgrund ihrer Leidenschaft für Literatur aus dem 19. Jahrhundert und da Jane Austen ihre Lieblingsautorin ist, entschloss sie sich einen Roman über selbige zu schreiben. Sie begann ihre Recherche, indem sie zum Einen Briefe von und an Jane Austen las und zum Anderen eine Reise unternahm, auf welcher sie den Spuren Jane Austens in England folgte. Während dieser Recherchen stellte sie fest, dass es bei der Rekonstruktion von Jane Austens Leben eine Lücke von etwa zwei Jahren gibt. Von 1809 bis 1811 weiß man nichts über die Ereignisse in Janes Austens Leben. Genau diese Lücke füllt Syrie James mit ihrem fiktiven Roman, denn es gibt Gerüchte, dass Jane Austen neben der Bekanntschaft mit Tom Lefroy eine weitere engere Bekanntschaft mit einem unbekannten Mann hatte.Jane Austen lebte von 1775 bis 1817. Sie heiratete nie, und war somit Zeit ihres Lebens auf das Wohlwollen ihres Vaters und später ihrer Brüder angewiesen. Schon immer schrieb sie leidenschaftlich gerne Geschichten und trug diese den Familienmitgliedern vor. Alle aus ihrem Umfeld waren begeistert von ihren Erzählungen, doch es dauerte viele Jahre, bis sich ein Verlag fand, der ihre Bücher veröffentlichte, und das zunächst nur auf Kosten der Autorin. Auf die erste Veröffentlichung von „Sense and Sensibility“ unter dem Pseudonym ‚by a Lady‘ folgte dann allerdings ein großes Interesse an den Werken von Jane Austen und bald war die Identität der Autorin kein Geheimnis mehr.Der Roman beginnt zunächst mit einem Vorwort einer gewissen Mary I. Jesse, einem Mitglied von der Jane Austen Literary Foundation. Im Anhang des Buches klärt die Autorin allerdings darüber auf, dass weder dieses Mitglied (der Name ist lediglich ein Anagramm vom Namen der Autorin) noch die Foundation existieren. Aber gerade dieses Vorgehen ist ein brillanter Schachzug der Autorin, um den Leser in Ungewissheit schweben zu lassen, ob es sich nun um einen Tatsachenbericht oder doch um eine fiktive Erzählung handelt. Mary I. Jesse erzählt in diesem Prolog, dass die Memoiren von Jane Austen vor kurzem in dem alten Haus der Familie auf dem Dachboden in einer Truhe gefunden wurden. Somit sei die folgende Erzählung eine Abschrift der tatsächlichen Memoiren von Jane Austen – quasi aus ihrer eigenen Feder entstanden – und lediglich mit einigen wenigen Fußnoten der Präsidentin der Jane Austen Literary Foundation versehen worden. Die Autorin setzt also alles daran, ihr Werk als die wahren Memoiren der Jane Austen auszugeben und dies gelingt ihr auf Anhieb.

Anschließend steigt die Autorin sofort in die Geschichte ein. Die Handlung, welche aus der Perspektive der Jane Austen beschrieben wird, setzt mit dem Hinweis darüber ein, weshalb Jane Austen ihre eigene Geschichte aufschreibt. Genau genommen liegt der Schwerpunkt der Memoiren dann aber auf zwei Ereignissen in Jane Austens Leben. Das erste einschneidende Erlebnis in Jane Austen Leben ist der Auszug aus ihrem Familienhaus in Steventon und somit der Umzug nach Bath, einer Gegend, die ihr persönlich nie gefallen hat und die sie in den kommenden Jahren unglücklich machen wird. Nach dieser kurzen Episode folgt eine detaillierte Beschreibung der Ereignisse nach dem Tod ihres geliebten Vaters. Aufgrund des Todes und des daraufhin folgenden Geldmangels mussten Janes Mutter, Jane und ihre Schwester Cassandra mehrfach umziehen, da sie auf die Güter der Brüder angewiesen waren. Die zentrale Handlung setzt dann mit einem Besuch von Jane und ihrem Bruder in Lyme ein, bei welchem sie Mr. Ashford kennenlernen. Syrie James erzählt hier eine fiktive Liebesgeschichte zwischen Jane Austen und Mr. Ashford. Von ihrem Kennenlernen, über erste Annäherungen, einem geheimen Verlöbnis bis hin zu der unweigerlich folgenden Trennung des Liebespaares aufgrund äußerlicher Umstände.Interessant ist, dass Syrie James Episoden und Zitate aus den Werken Jane Austens in ihre Geschichte einbringt, die Handlung somit authentisch, nachvollziehbar und glaubhaft macht. Aus „Pride an Prejudice“ beispielsweise macht sie sich Szenen zwischen Lizzy und Mr. Darcy zu eigen, wandelt diese allerdings ab, so dass es keine plumpe Neuerzählung des Stoffs ist. Es ist also auch zu vermuten, dass die Autorin noch weiteren Szenen aus anderen Werken verwendet hat. Diese Entlehnungen aus den Werken der Jane Austen rechtfertigt die Autorin damit, dass Jane Austen wohlmöglich keine alte Jungfer war, wie sie meist beschrieben wurde, sondern durchaus ihre Erfahrungen gemacht hat. Genau diese Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben könnte Jane Austen in ihren Werken verarbeitet haben. Wie sonst hätte sie solche Liebesgeschichten schreiben können? Diese Erklärung, welche im Anhang neben weiteren Argumenten und Ausklärungen zu finden ist, macht außerdem deutlich, dass sich Syrie James wirklich Gedanken gemacht hat und viel Zeit auf eine gute Recherche verwendet haben wird. Jane Austen wird sowohl als eine selbstbewusste als auch eine durchaus selbstständige Frau dargestellt, welche allerdings dennoch auch Selbstzweifel in Bezug auf sich selbst und ihre Buchveröffentlichungen hatte. Der Leser kann sich somit sehr gut in die Protagonistin hinein versetzen und fiebert mit, obwohl man diese Zeit und die damals herrschende Ungerechtigkeit nicht selbst erlebt hat.Sprache und Stil des Romans sind im Allgemeinen leicht verständlich. Es gibt keine Dialekte, lediglich ein paar veraltete Begriffe sind enthalten, welche allerdings dann zur Authentizität des Werks beitragen. Der Schreibstil ist dem von Jane Austen sehr ähnlich, man nimmt Syrie James ab, dass diese Memoiren direkt von Jane Austen geschrieben wurden.

Das Leben von Jane Austen und ihre Werke (vor allem „Sense and Sensibility“ und „Pride and Prejudice“) sind in dem vorliegenden Roman so geschickt und gekonnt verknüpft, dass man als Leser geneigt ist, der Geschichte Glauben zu schenken und dies nicht nur, wenn man bereits Vorkenntnisse zu Jane Austen und/oder ihrer Werke hat. Die Kapitel sind so spannend aneinandergefügt, dass man verleitet wird doch immer noch ein und noch ein Kapitel zu lesen. Obwohl es kein klassisches Hollywood-Happyend geben kann, da Jane Austen schließlich nie geheiratet hatte, wird eine innere Ruhe und Zufriedenheit der Protagonistin übermittelt und schafft somit trotzdem ein schönes und befriedigendes Ende für den Leser. Das Leben von Jane Austen aber auch die Zeit in der sie lebte – die damaligen Verhältnisse, die schwierige Situation in der sich viele Frauen befanden etc. – werden anschaulich dargestellt und laden dazu ein, sich mit dem Thema weiter zu beschäftigen und vielleicht, wenn man es bisher nicht getan hat, das ein oder andere Buch von Jane Austen in die Hand zu nehmen. Man muss nicht bereits Fan von Jane Austen sein oder sich mit der Thematik beschäftigt haben, um Gefallen an diesem Roman zu finden. Eine breite Leserschaft wird angesprochen – wie Fans von Jane Austen, Interessierte in Bezug auf das ausgehende 18. und beginnende 19. Jahrhundert aber auch einfach Leser, die gerne eine gut geschriebene Liebesgeschichte lesen wollen und somit gleich ein paar historische Fakten aufnehmen können.

edit: Die deutsche Ausgabe erschien 2011 im Aufbau Verlag unter dem Titel Die geheimen Memoiren der Jane Austen.

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