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Amy Giles: Jetzt ist alles, was wir haben. cbj Kinder- und Jugendbuch Verlag, München 2018

Zu Recht ausgezeichnet mit dem Buxtehuder Bullen!

Vor gut einem Jahr habe ich euch bereits ein Buch von Amy Giles vorgestellt. Jene Nacht ist unser Schatten ist ein unheimlich gefühlvolles Buch über Trauer und Verlust. Klar, dass ich noch weitere Bücher der Autorin lesen muss. Jetzt ist alles, was wir haben musste ein wenig in meinem Bücherregal ausharren, nun war es aber endlich soweit. Ich wollte mir Zeit lassen, denn auch hier ist die Story emotional ergreifend, habe aber nicht mit der Rahmenhandlung gerechnet, die mich mehr und mehr antrieb, weiterzulesen, da ich das volle Ausmaß der Geschichte begreifen wollte. Es gibt überraschende Plotttwists und tolle Charaktere, die man gerne selbst als Freunde haben möchte. Gleichzeitig sind Hadleys Eltern geradezu abstoßend und ich als Mutter kann nicht verstehen, wie ein Mensch solche Dinge tun kann, wie diese beiden. Aber leider gibt es solche Menschen nicht nur in der Fiktion, sondern auch im wahren Leben. Deshalb ist es einfach so wichtig, darüber zu schreiben, aufzuklären, Mut zu machen und Hilfestellung zu geben.

Die Autorin

Amy Giles ist von Beruf Werbetexterin und war hier schon in vielen verschiedenen Bereichen unterwegs. Doch ihre wahre Leidenschaft sind Romane für Jugendliche. Die Autorin lebt mit ihrem Mann, ihren Töchtern und einem Rettungshund auf Long Island. Ihr Debütroman Jetzt ist alles, was wir haben wurde mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet. Jene Nacht ist unser Schatten ist ihr zweiter Roman.

© Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH

Inhalt

„Sei die Beste. Und wenn nötig, sei unsichtbar.
Hadley McCauley hat gelernt, ihren Vater bei Laune zu halten: durch Höchstleistungen auf allen Gebieten und die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, wenn nötig. Denn hinter der makellosen Fassade der McCauleys verbirgt sich ein hässliches Geheimnis. Um ihre kleine Schwester Lila davor zu schützen, würde Hadley alles tun. Als sie ihrer großen Liebe Charlie Simmons begegnet, spürt Hadley fast so etwas wie Hoffnung. Doch unterdessen eskaliert zu Hause die Gewalt und Hadley muss sich fragen, wie lange sie noch schweigen kann.“ (Klappentext)

Kritik und Fazit

Das Cover ist recht dunkel gehalten und zeigt unter dem weiß marmorierten Titel eine schwarze Silhouette. Das ist wohl Hadley, die auf einer Straße steht, die schicke und sauber aussieht und vermutlich die Fassade ihres Zuhauses darstellen soll. Man könnte an Abendstimmung und Idylle denken, wären da nicht die dunklen Wolken am Himmel.

Wie bereits in der Einleitung oben erwähnt, habe ich nicht mit solch einer Rahmenhandlung gerechnet und sie hat mich regelrecht überrollt. Was ist nur genau passiert? Hadley ist mit einem Flugzeug abgestürzt? Die Polizei ermittelt und befragt ihre Freunde und Bekannte? Stück für Stück entrollt sich Hadleys tragische Geschichte. Dabei springt die Autorin in ihrer Erzählung zwischen damals, heute und den Polizeiberichten. So nähern sich damals und heute immer weiter an, bis man das gesamte Ausmaß der Geschehnisse erfassen kann.

Es ist entsetzliche, was Hadley alles ertragen muss. Und es ist schlimm zu sehen, dass sie sich keinem anvertraut. Sie will niemanden mit ihren Problemen belasten und kämpft sich weiter durchs Leben. Erst als Charlie mitbekommt, was Hadley widerfährt, hat sie einen Anker. Jemandem, mit dem sie wenigsten sprechen kann. Doch auch Charlie weiß zunächst nicht, wie er mit der Situation umgehen soll. Er will ihr helfen, will aufstehen, will dass Hadleys Eltern zur Rechenschaft gezogen werden. Doch da ist noch immer Lila, die kleine Schwester, um die Hadley sich sorgt und die sie um jeden Preis der Welt vor der häuslichen Gewalt fernhalten möchte. Auch wenn das heißt, selbst die Gewalt stumm ertragen zu müssen.

Amy Giles hat ein so authentisches Bild erschaffen, dass es mir als Mutter immer wieder das Herz zusammengezogen hat. Wie kann ein junger Mensch so viel Leid ertragen? Zwar ist die Geschichte in der ich-Perspektive geschrieben, dennoch berichtet Hadley fast schon distanziert darüber, was ihr in ihrem Leben widerfahren ist. Hierdurch wird ihre Strategie wiedergegeben. Sie erträgt, was zu ertragen ist und reflektiert es nicht weiter, um vergessen und weitermachen zu können. Charlie, der ihr sicherer Hafen wird, ist somit ihr einziger, wirklicher Vertrauter, der helfen will. Aber auch Hadleys Freund Noah ahnt, dass etwas nicht stimmt. Er bietet ihr immer wieder die Möglichkeit, sich ihm anzuvertrauen, doch die Mauer, die Hadley um ihr Leben errichtet hat, ist zu groß. Gleichzeitig will sie mit ihren Freunden einfach die wenige, unbeschwerte Zeit genießen, die sie nur mit ihnen haben kann.

Erstaunlicher Weise sind mir gar nicht so oft die Tränen gekommen. Obwohl ich wirklich nah am Wasser gebaut bin. Ich glaube, dass lag an der etwas distanzierten Erzählweise. So ist man zwar wirklich sehr betroffen, kann aber eine gewisse Distanz erhalten. Durch die Zeitsprünge und die Polizeiberichte wird die Story außerdem etwas aufgelockert, sodass man immer wieder verschnaufen kann, während man sich auf die neue Situation einlässt.

Mit Jetzt ist alles, was wir haben ist der Autorin ein sehr gefühlvoller Roman gelungen, der zu Recht mit dem Buxtehuder Bullen als das beste Jugendbuch des Jahres ausgezeichnet wurde. Die Autorin behandelt ein wichtiges Thema. Denn häusliche Gewalt kommt häufig vor und nur selten gelangt sie an die Öffentlichkeit. Dieses Buch kann dabei helfen, darüber aufzuklären.

Amy Giles
Jetzt ist alles, was wir haben
400 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN 978-3-570-31365-7

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