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Katarzyna Radziwiłł und Joanna Czaplewska: Frauenleben im Lauf der Zeit. Helvetiq, Lausanne 2022

Leider nicht das, was ich erwartet habe

Durch meine Recherche auf der Verlagswebseite bin ich auf das Buch Frauenleben im Lauf der Zeit von Katarzyna Radziwiłł und Joanna Czaplewska aufmerksam geworden. Da Frauen – insbesondere in der Vergangenheit, aber auch heute noch – stark unterrepräsentiert sind und Geschichtsbücher meist aus einer männlichen Perspektive verfasst werden, hat das Buch sofort mein Interesse geweckt. Ich hoffte, hier ein differenziertes Kindersachbuch zu finden, das nicht nur das Leben, sondern auch die Errungenschaften einzelner Persönlichkeiten beleuchtet. Leider empfand ich den Schreibstil als dröge und es fehlte mir an einer detaillierteren Auseinandersetzung mit der Geschichte der Frauen. Es handelt sich hier einfach um eine Zusammenfassung der vergangenen 12 025 Jahre unserer Geschichte mit dem ein oder anderen Verweis auf die Stellung der Frau. Zu wenig für mich.

Die Autorin und die Illustratorin

Katarzyna Radziwiłł machte ihren Abschluss an der University of Warsaw. Sie ist Autorin einiger Kinderbücher und arbeitet als Herausgeberin in Polen.

Joanna Czaplewska lebt ebenfalls in Polen und arbeitet als Graphikdesignerin und Illustratorin. Sie machte 2017 ihren Abschluss an der Graphic Design Fakultät der Academy of Fine Arts in Gdansk und illustrierte seither einige Bücher für alle Altersklassen.

© Helvetiq SA.

Inhalt

„Geschichte aus der Perspektive der Frauen.
Inwiefern unterscheidet sich die Geschichte der Frauen von der Geschichte der Männer? Dieses Buch präsentiert die Geschichte der Menschheit von der Steinzeit bis zum 21. Jahrhundert, aber aus der Perspektive einer durchschnittlichen Frau.“
(Produktbeschreubung)

Gedanken zum Kindersachbuch

Das Cover verspricht einen vielfältigen Einblick in das Leben der Frauen über die Jahrtausende hinweg. Es sind viele verschiedene weibliche Personen auf dem Buchdeckel vor einem weißen Hintergrund abgebildet. Auch die verschiedenen Kulturen finden hier ihre Darstellung. Dazwischen in schwarzen Großbuchstaben der Titel, dessen Buchstaben ein kleines Auf und Ab erleben. Man weiß sofort, was das Thema dieses Buches ist.

Nach einem Statement von Micheline Calmy-Rey (Bundespräsidentin der Schweizerischen Eidgenossenschaft), welches beispielsweise die Diskriminierung der Frau in der Vergangenheit, aber auch die Rollenverteilung und die Ungleichheit von Männern und Frauen thematisiert, startet die Autorin Katarzyna Radziwiłł sofort in den geschichtlichen Abriss um 10 000 v. Chr. Ich persönlich empfand den Schreibstil leider als ziemlich trocken und er erinnert an die ein oder andere geschichtliche Schullektüre. Auch fehlte es mir an einer genaueren Auseinandersetzung diverser Themen wie der Ungleichheit oder der Behandlung von Frauen im Allgemeinen etc.

Außerdem ist das Buch leider voller Fehler, obwohl mein Exemplar bereits aus der zweiten Auflage stammt. Der Buchstabe „ß“ scheint der Lektorin und der Korrektorin dieses Werks gänzlich unbekannt zu sein – ein Umstand, den ich beim Lesen als äußerst anstrengend und sogar ärgerlich empfunden habe, zumal der erste Fehler bereits auf Seite 3 auftaucht. Auf nicht einmal 40 reich bebilderten Seiten mit eher geringem Textanteil habe ich 17 Fehler entdeckt. Außerdem ist der Sprachstil stellenweise umgangssprachlich. Auch hier hätte man an der Übersetzung noch etwas feilen können.

Die Zeichnungen folgen einem Stil, der nicht unbedingt modern wirkt. Ich hätte es schön gefunden, wenn sich die Illustrationen zumindest teilweise an den für die jeweiligen Jahrhunderte typischen Maltechniken orientiert hätten – das wäre ein echtes Sahnehäubchen gewesen. Dennoch gefallen mir die Bilder insgesamt gut, wenn sie auch nicht unbedingt weltbewegend oder originell sind.

Über den ein oder anderen Fakt war ich zusätzlich etwas unglücklich. Zum Beispiel werden Frauen im Mittelalter als dem Manne ebenbürtig beschrieben, was so wohl nicht ganz richtig ist, da sie sich weiterhin in einer Vormundschaft befanden. Vom Stimmrecht und verschiedenen gesellschaftlichen Zwängen und Konventionen mal ganz abgesehen. Gegen Ende erscheint es zudem, als wenn Schönheits-Ops als Errungenschaft zu bezeichnen wären und eine wichtige Sache für Frauen seien. Sicherlich wurde sich hier einfach nur unglücklich ausgedrückt. Jedoch für Kinder ist das absolut ungeeignet bzw. nicht tragbar. Und auch der Verweis darauf, dass eine Frau ab einer gewissen Zeit „ständig neue [Kleider] kaufen kann“ (Seite 37) lässt Frauen in einem oberflächlichen und wenig positiven Licht erscheinen.

Fazit

Frauenleben im Lauf der Zeit empfand ich leider als zu trocken und einfallslos abgehandelt. Der Fokus lag nicht so stark auf der Frau, sondern eher auf gesellschaftliche Konventionen. Welche leider auch wenig differenziert besprochen wurden. Alles fühlte sich eher nach einer Wiedergabe ohne direkte Auseinandersetzung an. Auch endete das Buch ziemlich abrupt. Ein abschließendes Statement wie „es hat sich einiges verbessert, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns“ fehlte mir. So blieb dieses Buch leider oberflächlich und wenig interessant. Auch die farbenfrohen Illustrationen konnten da nichts mehr rausreißen. Schade, denn das Thema ist von großer Bedeutung.

Katarzyna Radziwiłł und Joanna Czaplewska
Frauenleben im Lauf der Zeit
40 Seiten
ab 8 Jahren
ISBN 978-3-9072-9311-9

*Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.*

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