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Tania Witte: Die Stille zwischen den Sekunden. Arena Verlag GmbH, Würzburg 2019

Ein erschütternder Roman über Verlust und Trauer!

Schon der Titel allein bringt einem zum Nachdenken. In Die Stille zwischen den Sekunden von Tania Witte geht es um ein Mädchen, welches um Haaresbreite einem Terrorangriff entgeht. Was dieses Erlebnis mit ihr macht, und wie alle Welt um sie herum damit umgehen, erzählt die Autorin sehr nervenaufreibend. Lange habe ich gerätselt, wohin mich das Buch führen wird, irgend wann hatte ich eine Idee, die sich aber nicht komplett greifen ließ und am Ende blieb ich so verloren zurück, wie auch die Protagonistin Mara. Dieses Buch lässt einen nicht so leicht los und bedarf eines zweiten Lesens, um es in Gänze greifen und verstehen zu können. Oder man macht es wie ich und quetscht die äußerst sympathische Autorin einfach mit vielen Fragen aus.

Die Autorin

Tania Witte ist als Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin tätig. Ihre Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet: 2016 erhielt sie den Felix-Rexhausen-Sonderpreis für ihre journalistische Arbeit, 2017 den Martha-Saalfeld-Förderpreis für Literatur und 2019 den Mannheimer Feuergriffel für Jugendliteratur. Außerdem wurde ihre Arbeit mit einem Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds gefördert. Die Stille zwischen den Sekunden (2019) erhielt das KIMI-Siegel für Vielfalt im Jugendbuch. Ihr gerade frisch erschienener Roman Marilu (2021) wurde mit dem Mannheimer Feuergriffel ausgezeichnet.

© Arena Verlag GmbH

Inhalt

„Nur knapp ist Mara einem Bombenattentat in der U-Bahn entgangen. Ihre Mitschüler nennen sie seither „Das Mädchen, das überlebt hat“ und erwarten Betroffenheit von ihr. Aber Mara hat ganz andere Sorgen. Ihre Freundin Sirîn meldet sich immer seltener und scheint plötzlich komplett unerreichbar. Je mehr Mara ihr zu helfen versucht, desto mehr Unverständnis und Ablehnung erntet sie. Was verheimlichen alle vor ihr? Erst als sich ihr Schwarm Chriso in die Suche einschaltet, kommt die erschütternde Wahrheit ans Licht.“ (Klappentext)

Kritik und Fazit

Zunächst einmal war mir gar nicht so recht klar, was ich hier auf diesem Cover, welches komplett in dunklen Blautönen gehalten ist, eigentlich sehe. Erst nach und nach erschloss es sich mir, nachdem ich den Klappentext kannte. Wir sehen hier also die Spiegelung eines jungen Mädchens an einer U-Bahn Tür. Sie scheint verloren oder gebrochen, ein wenig wie aus Stein. Kaum eine Emotion lässt sich aus ihrem Blick lesen. Im Hintergrund erahnt man die Silhouette eines weiteren Menschen. Ein Junge? Ein Mädchen? Ganz genau lässt es sich nicht sagen, was es noch geheimnisvoller macht.
Und nicht zu vergessen, das Hardcover besitzt ein von mir so heiß geliebtes Lesebändchen.

Der Schreibstil, den die Autorin hier anschlägt ist flüssig und jugendlich. So kommt auch hin und wieder eine leichte Verrohung der Sprache zum Vorschein, wie sie sicherlich heutzutage auch üblich ist, unter den Jugendlichen, die sich profilieren wollen. Doch ganz schnell taucht man in die Gedankenwelt der Protagonistin Mara ein, auch wenn diese einen nur an der Oberfläche kratzen lässt. Wir erfahren viel aus ihrer Vergangenheit mit ihrer besten Freundin Sirîn, die ihr in der derzeitigen schwierigen Situation einfach nicht beistehen kann, obwohl sie sie so sehr braucht.

Die Menschen, die Mara in jener schweren Zeit umgeben, scheinen nicht zu ihr durchzudringen, genauso wenig wie sie zu ihnen durchdringt. Da ist eine Barriere um sie herum, die immer stärker wird, je weiter die Geschichte voranschreitet. So hat mich nicht unbedingt die Emotion zu Maras Gefühlen dazu angetrieben, die Geschichte „krass schnell“ (O-Ton Tania Witte) zu lesen, sondern vielmehr der Drang, endlich zu verstehen, was hier vor sich geht. Wieso sich alle so merkwürdig verhalten und was tatsächlich passiert ist. Der Wunsch nach Antworten wird irgendwann einfach wahnsinnig groß und ich konnte das Buch nicht mehr zur Seite legen, auch wenn es schon sehr spät am Abend war.

Am Ende rauchte mir der Kopf. Ich will gar nicht viel dazu schreiben, um nicht zu viel zu verraten. Fest steht, dass man dieses Buch ein zweites Mal lesen sollte, um es in Gänze verstehen zu können. Damit alle Fragen bis ins Detail beantwortet werden können. Da mir die Zeit dazu fehlte, bin ich mit Tania Witte in Kontakt getreten. Sie war so lieb und hat mir geholfen mein Gedankenkarussel, welches sich die ganze Nacht und den Vormittag hindurch in schwindelerregender Geschwindigkeit drehte, sanft zu einem Halt zu überreden. Ohne sie wäre ich wohl verloren gewesen, da ich mich nach dem Ende fühlte, als hätte man mich zu früh aus der Bahn geworfen. Mein Herz brauchte dringend Antworten und weitere Auflösungen zu den aufpoppenden Fragen in meinem Gehirn.
Somit ist also die einzige, winzig kleine Kritik, die ich an dem Buch hätte, dass ich gerne noch etwas mehr gelesen hätte. Ich hätte gerne erfahren, wie Chrisos Gefühle aussehen, wie das Verhältnis zu Sirîns Familie sich entwickeln würde. Ein Epilog ein paar Monate danach hätte meinem schmerzenden Herzen gut getan und meinem durchdrehenden Gehirn Erleichterung verschafft.

Die Stille zwischen den Sekunden hat mich am Ende etwas emotional aufgewühlt zurück gelassen, da ich von der Story so sehr in den Bann gezogen wurde. Hätte ich keinen so großen SuB, hätte ich es direkt nochmal gelesen. So aber war der Austausch mit Tania Witte höchstpersönlich ein kleines Highlight für mich und ich danke dir, Tania, nochmals sehr für die Zeit, dir du dir für mich und mein emotionales Chaos genommen hast.

Tania Witte
Die Stille zwischen den Sekunden
296 Seiten
ab 12 Jahren
ISBN 978-3-401-60474-9

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