Die Wut der Kinder
Zum Wochenende habe ich eine kleine Sammlung an Kinderbüchern für euch zusammen gestellt. Diesmal geht es um das Thema Wut. In den drei Kinderbüchern, die ich euch vorstellen möchte, wird diese Wut personifiziert und somit für Kinder greifbar und verständlich gemacht. Auch wir Eltern werden zum Nachdenken angeregt, denn es gibt ja immer auch einen wichtigen Grund, wieso die Wut in unseren Kindern hochkocht.
Eva Orinsky: Willi und sein Wüterich. iskopress, Salzhausen 2018
Inhalt:
Willi hat es nicht leicht. Wenn ihm unrecht widerfährt reagiert er mit Wutausbrüchen. Seine Eltern wissen nicht mehr weiter und können einfach nicht verstehen, was mit ihrem Sohn los ist. Nach einem erneuten Zwischenfall träumt Willi von einem kleinen feurigen Wesen. Es stellt sich als sein Wüterich vor und die beiden beginnen Zwiegespräche zu führen. Wieso macht der Wüterich immer so schlimme Dinge, von denen Willi noch mehr Probleme bekommt? Willi und sein Wüterich finden einen Ausweg aus dieser Spirale voller Wut. Sie lernen, Dinge zu besprechen und so wird aus einem Wüterich ganz bald ein Wächterich.
„Ich [der Wüterich] bin doch dein Freund. Ich bin ein Teil von dir. […] Ich kämpfe für dich gegen alle, die nicht nett zu dir sind.
(Eva Orinsky: Willi und sein Wüterich)
Kritik und Fazit:
Manchmal fällt es Kindern schwer, ihre Wut im Zaum zu halten. Dann reagieren sie mit Aggressionen und schnell wird ihnen ein Stempel aufgedrückt: Das Kind, welches sich nicht benehmen kann, welches nur Ärger macht.
Doch diese Kinder leiden genauso unter den Wutausbrüchen, wie die Personen, die diese Wut zu spüren bekommen. In Willi und sein Wüterich wird mit dieser Thematik ganz sensibel umgegangen. Auch die Illustrationen unterstreichen die Emotionen des kleinen Hasen Willi sehr schön. Mit vielen Details und sehr farbenfroh werden die einzelnen Episoden der Geschichte in Szene gesetzt. Anfangs erscheint der Wüterich meist im Dunkeln und symbolisiert so auch die Gefühle des kleinen Hasen. Später, wenn Willi und sein Wüterich gemeinsam an einem Strick ziehen und ohne Aggressionen ihre Probleme lösen, sind die Bilder wieder hell und freundlich. Dass der Wächterich am Ende grün ist, zeigt auch nochmals die innere Transformation Willis.
Schön ist auch zu sehen, dass die Mutter endlich versteht, wieso Willi oft so unzufrieden und wütend ist. Denn als großer Bruder muss man oft ziemlich viel einstecken. Aber man sollte nicht vergessen, dass auch das große Geschwisterchen immer noch ein Kind ist, welches Beistand und Trost braucht.
Im Anhang haben die Kinder die Möglichkeit auf zwei Seiten ein Bild ihres eigenen Wüterichs und Wächterichs zu malen.
Uns hat Willi und sein Wüterich außerordentlich gut gefallen, da es sehr einfühlsam und ganz authentisch Episoden aus dem Alltag der Kinder und vor allem aus Sicht des wütenden Kindes zeigt. Denn Kinder haben schon ein ganz gutes Empfinden für Recht und Unrecht. Wenn ihnen also selbst Unrecht zugefügt wird, haben sie ja eigentlich allen Grund, aufzubegehren. Das Buch zeigt dabei aber, dass es möglich ist, zunächst in ein inneres Gespräch mit seinem Wüterich zu gehen, und zu sehen, dass es auch Wege ohne Gewalt gibt.
Eva Orinsky
Willi und sein Wüterich
48 Seiten
ISBN 978-3-89403-373-6
Britta Schwarz & Manfred Tophoven: Das kleine Wutmonster. Carlsen (Maxi Pixi Nr. 45), Wien/München, 2010
Inhalt:
Als großer Bruder muss Marvin oft zurückstecken. Seine kleine Schwester ärgert ihn, ohne es wirklich zu verstehen, dann hat seine Mama sein Lieblingsshirt nicht gewaschen und im Kindergarten darf er als Cowboy verkleidet nicht in das Tipi der Indianer. Kein Wunder, dass das kleine, blaue Wutmonster auf Marvins Schulter auftaucht und ihm zuflüstert, sich mit Händen und Füßen gegen diese Ungerechtigkeiten zu wehren. Ein neues Mädchen in der Kindergartengruppe zeigt Marvin aber, dass sich das Wutmonster ganz leicht mit einem kleinen Liedchen vertreiben lässt.
Kritik und Fazit:
Das kleine Wutmonster gefällt mir und meinen Kindern gut, vor allem weil es mit einer einfachen Methode, der des Singens, hilft, die innere Wut auszubremsen. Etwas schade ist hier vielleicht, dass die Wut und das Wutmonster generell als böse und vertreibenswert dargestellt werden. Doch gibt es ja meist auch einen Grund, weshalb man wütend wird, nämlich weil man sich ungerecht behandelt fühlt.
Während des Lebens haben meine Kinder immer wieder Freude an der Geschichte. Die Bilder sind so farbenfroh und auch das Monster so witzig gezeichnet, dass keine Angst hochkommt, sondern Neugier und die Freude darüber, dass Marvin sein kleines Wutmonster bezwingen kann.
Im Falle eines Wutanfalls beim eigenen Kind kann solch ein Lied aber wohl nicht immer helfen. Es gibt Kinder, die sich, wenn man beginnt, dieses Liedchen zu trällern, eher nicht ernst genommen fühlen und mit mehr Wut reagieren. Hier heißt es sensibel zu sein, das eigene Kind zu beobachten, um zu sehen, ob dieses Buch auch während eines Wutanfalls hilfreich ist.
Das kleine Wutmonster bietet in einer kleinen und authentischen Geschichte die Möglichkeit, sich mit seinem Kind über die eigenen Gefühle und eventuelle Wutausbrüche auf spielerische Art auseinanderzusetzen. Denn haben wir nicht alle hin und wieder ein Wutmonster auf der Schulter sitzen?
Britta Schwarz & Manfred Tophoven
Das kleine Wutmonster
24 Seiten
ab 3 Jahren
ISBN 978-3-551-04545-4
Julia Boehme & Franziska Harvey: Tschüss, kleines Muffelmonster. oder Wie schlechte Laune ratzfatz verschwindet. Arena, Würzburg 2013 (Sonderauflage)
Inhalt:
Eines Morgens wird Moritz durch lauten Krach geweckt. Ein kleines, schwarzes, haariges Monster steht in seinem Zimmer und guckt Moritz wütend an. Da es schlechte Laune hat, kann Moritz es sehen, denn bei guter Laune ist das Monster unsichtbar. Moritz gibt sein Bestes, um dem Monster gute Laune zu verschaffen, doch das Monster lehnt alle Angebote mit einem wütenden „Nein“ ab. Da wird Moritz ganz traurig und das Monster merkt, wie gemein es sich verhalten hat. Es springt über seinen Schatten und spielt mit Moritz. Dabei stellt es fest, dass das alles riesen Spaß macht und seine Laune bessert sich zusehends, sodass er sogar schon Witze machen kann. Auf einmal wird das Monster immer durchsichtiger und schon bald müssen die beiden sich voneinander verabschieden. Doch das Muffelmonster verspricht, dass die beiden sich ganz bald wiedersehen werden.
Kritik und Fazit:
Das kleine Muffelmonster muss man einfach gern haben. Auch wenn es am Anfang wirklich unausstehlich erscheint, so hat es doch das Herz auf dem rechten Fleck und ist Moritz ein toller Spielkamerad.
Die Illustrationen sind großflächig und freundlich und mit vielen Farben gestaltet. Auch der Text springt einem hin und wieder regelrecht entgegen und so machte auch mit als Vorleser Spaß, die Geschichte zu entdecken.
Das Muffelmonster hat eine wunderbare Mimik, die den aktuellen Gefühlsstand hervorragend einfängt und für das Kind ganz deutlich werden lässt.
Die Autorin geht einfühlsam mit den Emotionen der Protagonisten um, so werden Wut, Trauer aber auch Spaß in diesem Buch dargestellt und die Geschichte wird humorvoll erzählt. Gleichzeitig bietet es einige Methoden, um mit schlechter Laune oder Langeweile umzugehen. Hüpfen, Purzelbäume schlagen, kraulen, Bilderbücher ansehen, kuscheln, leckere Dinge essen sind alles tolle Dinge, die man machen kann, um gute Laune zu bekommen? Steht auf, habt Spaß und schon ist die Welt wieder in Ordnung.
Julia Boehme & Franziska Harvey
Tschüss, kleines Wutmonster!
32 Seiten
ab 3 Jahren
ISBN 978-3- 401-70302-2
Ein weiteres Buch zum Thema:
Im November 2017 habe ich euch bereits ein Buch zu diesem Thema aus dem Mabuse Verlag vorgestellt:
Pau und die Wut von O. Merbeth-Brandtner.