Selin Visne: Die Überlieferung der Welt. dtv, München 2020
Ein spannender Debütroman mit zu plötzlichem Ende
Die Überlieferung der Zeit von Selin Visne entstand während eines Schreib-Wettbewerbs. Der Autorin gelingt es, eine ganz neue Fantasy-Welt zu kreieren. Sie erschuf ein Werk mit viel Magie, tollen Dialogen sowie starken schlagfertigen Charakteren.
Die Autorin
Selin Visne (geboren 2001) schreibt bereits seit vielen Jahren. Ihr erster Roman entstand, als sie dreizehn Jahre alt war. 2018 gewann sie mit dem Roman Die Überlieferung der Welt den dtv-Schreibwettbewerb auf der Onlineplattform Sweek. Selin Visne ist Studentin.
Inhalt
„Seit dem Tod ihres Vaters hält Laelia sich und ihren kleinen Bruder als Taschendiebin mehr schlecht als recht über Wasser. Bis Nero, der Herr der kriminellen Unterwelt, auf sie aufmerksam wird und ihr eine deutliche Warnung schickt. Hadrian ist als Neros Hand scheinbar am Ziel seiner Träume, aber will er ihm auch den letzten Teil seiner Seele verkaufen? Als Hadrian sich gegen Nero wendet, müssen er und Laelia aus ihrer Heimat fliehen. Die Vision des Sehers schickt sie und vier widerwillige Gefährten auf eine gefährliche Reise. Doch jeder von ihnen hat etwas zu verbergen und mächtige Feinde wollen um jeden Preis verhindern, dass sich ihre wahre Bestimmung erfüllt …“ (Klappentext)
Kritik und Fazit
Das Cover des Buches ist verspielt und düster zugleich. Man erahnt einen schimmernden Wald, oder auch ein Gebirge im Hintergrund, davor eine schwarze Festung, die auf einer Anhöhe zu stehen scheint. Das alles wird umrankt von goldenen Blättern und Perlenschnüren.
Der Einstieg in das Buch fiel mir zunächst durch die Masse an Informationen etwas schwer. Vielleicht wäre hier eine Art Vorgeschichte oder Einleitung hilfreich gewesen. Denn was sich genau zwischen den Göttern und den Menschen mit all der Magie abgespielt hat, konnte ich bis zuletzt nicht gänzlich durchblicken.
Der Story an sich, mit ihren vielen Protagonisten kann man dann aber sehr gut folgen. Laelia und Hadrian schloss ich sofort ins Herz und ich mochte ihren regelmäßigen verbalen Schlagabtausch unheimlich gerne. Zwischen den beiden entstanden so viele tolle Dialoge und es herrschte eine außergewöhnlich Dynamik. Sie nahmen auch den Hauptteil der Erzählperspektive ein. Nur zwischendurch tauchen hin und wieder die anderen vier (bzw. eigentlich drei, denn Divan der Seher bleibt bis zum Ende geheimnisvoll und ohne direkten Einblick) Teilnehmer des Abenteuers aus: Bacary, Merla und zuletzt Vena. Alle erzählen ihre eigene Geschichte, die dazu führt, dass sie sich der stetig wachsenden Gruppe an Menschen mit magischen Kräften anschließen.
Die Story endet dann leider zu abrupt, der Ausgang wird mehr angedeutet, als tatsächlich beschrieben. Außerdem ist nicht klar, wie das Leben der sechs Akteure weiter gehen wird. Nicht alle Gefahren sind beseitigt, nicht alle Fragen beantwortet. Es wirkt fast, als sollte noch ein Folgeband kommen, wozu ich aber nichts finden konnte. Vielleicht fehlte am Ende durch den Wettbewerb auch einfach die Zeit, um alles gänzlich aufzulösen. So wirkt das Buch leider etwas unfertig.
Ich habe Die Überlieferung der Welt sehr gerne gelesen und wurde besonders von Laelia und Hadrian mitgerissen. Leider hat mich das Ende ziemlich unbefriedigt zurück gelassen, was sehr schade ist, da der Schreibstil der noch so jungen Autorin außergewöhnlich gut ist. Also, bitte her mit einem zweiten Band!
Selin Visne
Die Überlieferung der Welt
445 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN 978-3-423-71852-3